Menschliche Nähe trotz Abstand

Spaziergänge mit Beschränkungen am Strandbad und im Waldpark

22052020 MaMoIm Bistro Oro am Strandbad gibt es Pizza und Kaffee to go:

Jürgen Wallenwein (v.l.) und Gisela Pernikas reihen sich in die Schlange der Wartenden ein.

Der Rhein fließt träge dahin. Möwen ziehen kreischend ihre Runden, Schwäne, Gänse und Enten dösen faul in der Sonne. Nur selten tuckert ein Frachtschiff über die Wasserstraße. Kastanien entfalten am Rheinuferufer ihre Blütenpracht. Wer spazieren geht, genießt die Ruhe und die Natur. Dennoch ist einiges am Rheinufer anders als sonst. Trotz Corona-Pandemie sind unzählige Menschen im Strandbad und auch im Waldpark unterwegs. Es wird weitgehend versucht, Abstand zu halten. Nur Radler und Jogger zeigen sich bisweilen rücksichtlos.

Am 1. März begann die Saison im Strandbad. Ab da galt die neue Strandbadordnung. Das heißt, kein Zugang für Hunde und Radfahrer. „Doch die Hinweisschilder sind unglücklich, nämlich viel zu hoch angebracht“, bedauerte Gisela Pernikas von MASTRA e.V. Der Förderverein Mannheimer Strandbad setzt sich seit 1997 mit vielfältigen Aktivitäten für das Wohl des Strandbades ein. Auf Hinweis der städtischen Aufsichtsperson hätten Nutzer erwidert, das hätten sie nicht gelesen. Sie habe deshalb gleich an die Verwaltung geschrieben, dass das Anbringen der Schilder in Höhe der Baumkronen unglücklich sei. Auch über das neue Grillverfahren werde leider nur über Internet informiert, so Pernikas.

„Immer gut besucht“

Ab Mitte März war dann Schluss mit lustig. „Wegen Corona war alles zu, die Eingänge zum Strandbad mit Gittern verrammelt und das gesamte Gebiet mit rot-weißem Band abgesperrt“, berichtete Pernikas Mitstreiter Jürgen Wallenwein. Seit den Corona-Lockerungen ist das Strandbad nun wieder für Besucher geöffnet. „Seitdem ist das Strandbad immer gut besucht, aber übersichtlich und mit Abständen“, sagte Pernikas.

Doch für Grünflächen und Parks in der Stadt gebe es besondere Auflagen (wir berichteten). Laut Schild am Eingang gelten im Strandbad „erweiterte Abstandsregeln von acht Metern zu anderen Personen und Gruppen“. „Das macht niemand“, stellte Pernikas fest. Sie möchte den Grund wissen, wieso die Regeln hier anders sein müssen. Die Nutzer lägen hier auch sonst eigentlich nicht sehr dicht – abgesehen natürlich von Familienverbänden. „Insgesamt läuft es hier gut – acht Meter Abstand nicht, aber zwei bis drei Meter schon“, so Pernikas. Zwei bis dreimal am Tag werde das Einhalten der Regeln hier von der Polizei kontrolliert.

Das Leben in Corona-Zeiten ist weitgehend entschleunigt. Paare schlendern am Rhein entlang, viele gehen auch im nahen Waldpark spazieren – alleine, zu zweit oder Familien. Tempo gibt es nur durch Radfahrer und Jogger. Mit hoher Geschwindigkeit fahren Radler Slalom um Mütter mit Kinderwagen und rauschen nah an ihnen vorbei. Viele Spaziergänger erschrecken sich und schimpfen den Radlern laut hinterher. Penetrant nahe fahren vor allem die, die mit Rennrädern unterwegs sind. Einige treten alleine in die Pedale, aber auch Gruppen von bis zu zehn Radlern heizen zwischen Besuchergruppen durch.

Sie schnaufen dabei genauso wie Jogger. Auch sie halten kaum Abstand, tragen keine Masken vor Nase und Mund. „Der Weg hier im Waldpark ist nicht breit genug für alle“, schimpft eine junge Mutter, die mit ihren beiden Söhnen unterwegs ist. „Warum weichen die nicht einfach aus oder bremsen?“, fragt sie sichtlich genervt. „Ich habe doch hinten keine Augen.“ Wieder rasen drei Radler direkt an der Familie vorbei. Die Mutter ist es, die den Weg verlässt und auf die nahen Rheinwiesen ausweicht. „Das ist mir zu gefährlich. Auch wegen der Ansteckungsgefahr für meine Kinder und mich.“

Eigentlich will sie nur Vitamin D in der Sonne tanken, die Natur genießen und aufs Wasser des Rheins gucken. „Das ist schwer. Dauernd muss man aufpassen“, seufzt sie.

Silvia Osthues